
Agentic Commerce Protocol (ACP): Wie KI den Online-Handel verändert
Künstliche Intelligenz ist längst im Alltag angekommen - mit Chatbots, Produktvorschlägen und Sprachassistenten. Doch mit dem Agentic Commerce Protocol (ACP) betritt der Online-Handel eine neue Ära: Produkte können direkt in KI-Assistenten wie ChatGPT gekauft werden, ohne Umwege über einen klassischen Webshop.
Für Marken und Händler bedeutet das: Ein komplett neuer Vertriebskanal öffnet sich. Doch er bringt auch strategische Fragen mit sich: Wer kontrolliert den Kundenzugang? Wie groß ist der Aufwand? Und welche Chancen - aber auch Risiken - ergeben sich?
Was ist Agentic Commerce?
Der Begriff Agentic Commerce beschreibt ein neues Einkaufsparadigma: Nicht der Kunde klickt sich durch einen Online-Shop - sondern ein KI-Agent übernimmt diesen Prozess.
Ein Beispiel: Ein Nutzer fragt ChatGPT nach “einem Geschenk für einen Freund”. Statt nur Empfehlungen anzuzeigen, kann ChatGPT nun direkt Produkte listen, passende Ideen auswählen und - auf Wunsch - den Kaufprozess im Chat selbst abwickeln.
Das Agentic Commerce Protocol (ACP) ist der technische Standard, der diese Kommunikation zwischen KI-Assistent und Händler ermöglicht. Dabei geht es nicht darum, den Shop zu ersetzen - sondern darum, die bestehenden Systeme (Produktdaten, Checkout, Zahlung, Versand) mit einem neuen Interface zu verbinden.
Strategische Bedeutung für Marken und Händler
Verschiebung der Machtzentren
Bislang dominieren Google, Amazon und Marktplätze den Weg zum Kunden. Mit ACP verschiebt sich die Produktsuche zunehmend in KI-gestützte Assistenten. Das kann die Rolle von klassischen Gatekeepern schwächen - und Marken mehr Direktzugang zu Kunden ermöglichen.
Neue Vertriebskanäle
Händler, die ACP implementieren, können ihre Produkte in ChatGPT, und perspektivisch in jedem kompatiblen Assistenten, sichtbar machen. Damit öffnet sich ein zusätzlicher Vertriebskanal mit potenziell enormer Reichweite.
Wettbewerbssituation: OpenAI vs. Amazon
OpenAI positioniert sich mit ACP bewusst gegen bestehende Ökosysteme. Amazon wird ACP voraussichtlich nicht unterstützen, da es deren zentrale Rolle als Gatekeeper im Kaufprozess gefährden würde. Google wiederum arbeitet mit “AP2” an einem eigenen Standard, während Microsoft Partnerschaften mit OpenAI eingeht. Für Händler bedeutet das: Die Landschaft wird fragmentierter - und es gilt, frühzeitig Erfahrungen zu sammeln.
Chancen und Risiken
Die größte Chance liegt darin, frühzeitig in den digitalen Schaufenstern der KI präsent zu sein, wo Kaufentscheidungen zunehmend fallen. Gleichzeitig birgt diese Entwicklung ein erhebliches Risiko: Händler werden abhängig von Plattformen wie OpenAI, die künftig Gebühren erheben oder die Sichtbarkeit von Produkten nach eigenem Ermessen steuern könnten.
Wie funktioniert das Agentic Commerce Protocol (ACP)?
Das ACP regelt, wie ein KI-Assistent mit einem Shop-System kommuniziert - ganz ohne Fachjargon erklärt:
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Produktsuche: Händler stellen einen Datenfeed bereit (ähnlich wie bei Google Shopping), in dem Produkte, Preise und Lagerbestände enthalten sind.
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Kauf im Chat: Nutzer entscheidet sich für ein Produkt und klickt im Chat auf “Kaufen”.
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Datenübermittlung: ChatGPT sendet die Bestelldaten (Produkt, Adresse, Zahlungsmethode) über ACP an das Shop-System.
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Prüfung durch den Händler: Das Shop-System prüft Lager, Steuern, Versandkosten und gibt eine Rückmeldung: Bestellung akzeptiert oder abgelehnt.
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Bestätigung: Der Kunde erhält die Bestellbestätigung direkt im Chat.
Wichtig: Der Händler bleibt immer Verkäufer (Merchant of Record). Kundenservice, Versand und rechtliche Pflichten liegen weiterhin beim Händler - nicht bei OpenAI.
Wie funktioniert die Bezahlung?
Die Zahlungsabwicklung ist ein zentraler Punkt und ACP hat dafür eine clevere Lösung gefunden.
Das ACP setzt auf sichere Tokens statt Klartext-Daten: ChatGPT speichert keine Kreditkarteninformationen, sondern erstellt einen einmaligen, limitierten Zahlungstoken, der ausschließlich für den jeweiligen Kauf und Händler gültig ist.
Für Händler, die bereits Stripe nutzen, erweist sich die Integration als besonders einfach - ACP-Zahlungen können oft mit nur einer zusätzlichen Codezeile akzeptiert werden. Andere Zahlungsanbieter lassen sich über das offene Delegated Payments-Protokoll einbinden. Aus Kundensicht bleibt der Prozess nahtlos: Nutzer können ihre im ChatGPT-Konto hinterlegte Kreditkarte, Apple Pay oder Google Pay verwenden, während das Geld für den Händler über den gewohnten Zahlungsanbieter fließt.
Implementierungsaufwand für Online-Shops
Wie kompliziert ist der Einstieg? Die gute Nachricht: Der Aufwand ist überschaubar.
Der Einstieg erfordert zunächst, dass Händler einen Feed mit Produktinformationen bereitstellen. Das Shopsystem muss anschließend ACP-kompatibel gemacht werden, um Bestellungen und Zahlungsinformationen empfangen zu können. Der große Vorteil: Die Integration ist minimalinvasiv - bestehende Prozesse wie Warenwirtschaft, Payment und Fulfillment bleiben unberührt, da ACP nur an das bestehende System andockt. Große Anbieter wie Shopify arbeiten bereits an entsprechenden Integrationen, sodass Händler künftig oft nur noch “anklicken” müssen, statt selbst zu programmieren.
Aktuell läuft ACP noch in Pilotprojekten (z. B. Etsy in den USA), Händler können sich aber bereits für den Zugang bewerben.
Fazit und Ausblick
Das Agentic Commerce Protocol könnte den Online-Handel nachhaltig verändern.
Die Chancen sind beträchtlich: Händler können Kunden dort erreichen, wo Kaufentscheidungen fallen - direkt im Chat mit einer KI. Wer frühzeitig dabei ist, sichert sich Sichtbarkeit in einem entstehenden Kanal. Gleichzeitig entstehen jedoch neue Abhängigkeiten von Plattformen wie OpenAI, die künftig Sichtbarkeit, Gebühren und Datenhoheit stärker beeinflussen könnten.
Strategisch entscheidend wird sein, ob Händler ACP als Ergänzung begreifen - nicht als Ersatz für den eigenen Shop. Ein Mix aus klassischem Webshop, Marktplätzen und neuen Kanälen wie ACP ist der beste Schutz gegen Abhängigkeiten.
Eines ist sicher: Agentic Commerce ist mehr als ein Buzzword. Es könnte zum Standard werden, wie Kunden in Zukunft online einkaufen. Marken, die früh experimentieren, verschaffen sich einen wertvollen Vorsprung.
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