Amazon Shortage Claims
Wer als Amazon Vendor tätig ist, kennt die Herausforderung: Zwischen versendeten Waren, Rechnungen und Amazons Wareneingang kann es zu Abweichungen kommen. Das Ergebnis sind sogenannte Shortage Claims – finanzielle Abzüge, die Amazon geltend macht, wenn gelieferte Mengen nicht mit den registrierten Empfangsdaten übereinstimmen.
In diesem Artikel erläutern wir, wie Shortage Claims entstehen, welche Fehlerquellen dahinterstecken und wie Sie den Dispute- und Re-Dispute-Prozess in Vendor Central managen. Zudem geben wir Empfehlungen, um künftige Forderungen zu vermeiden.
Was ist ein Shortage Claim?
Ein Shortage Claim (SC) ist eine finanzielle Forderung seitens Amazon, die entsteht, wenn die in der Rechnung angegebenen Mengen nicht mit den im Fulfillment Center (FC) erfassten Empfangsdaten übereinstimmen. Amazon geht in diesem Fall davon aus, dass weniger Ware eingegangen ist als berechnet, und zieht den entsprechenden Differenzbetrag vom offenen Rechnungswert ab.
Die häufigste Form ist der PQV Shortage Claim (Purchase Quantity Variance). Dabei wird eine Abweichung zwischen der bestellten und der laut Amazon tatsächlich empfangenen Menge festgestellt. Ein weiterer Typ, PPV (Purchase Price Variance), spielt im Vergleich eine deutlich geringere Rolle.
Entstehung und Ablauf
Ein Shortage Claim wird erstellt, wenn Amazon weniger Einheiten verbucht, als laut Rechnung geliefert wurden. Die Erstellung eines Shortage Claims erfolgt in der Regel rund fünf Tage vor dem Fälligkeitsdatum der Rechnung.
Der Shortage Claim erscheint in Vendor Central im Tab Deductions and Credits. Dort wird der vollständige Rechnungsbetrag unter Invoice/Payment angezeigt, während der Shortage Claim als negativer Wert unter Debit aufgeführt ist. Er trägt die Bezeichnung der Rechnungsnummer mit dem Zusatz SC.
Amazon überprüft jeden Shortage Claim innerhalb von 35 Tagen nach Erstellung. Wird ein Buchungsfehler festgestellt, erfolgt eine automatische Rücknahme der Forderung (Reversal). Bleibt die Differenz bestehen, gilt der Abzug als bestätigt. Nur durch Nachweise, wie Packlisten, Frachtbriefe, Empfangsbestätigungen und Fotos, kann ein Vendor belegen, dass die Lieferung korrekt war.
Ursachen für Shortage Claims
Shortage Claims können an verschiedenen Punkten der Lieferkette entstehen. Häufig liegt die Ursache in Abweichungen zwischen den tatsächlich versendeten, empfangenen und abgerechneten Mengen.
Fehler können beim Verpacken, Etikettieren oder beim Versand selbst auftreten, wenn beispielsweise Kartons falsch zugeordnet oder Mengen nicht korrekt erfasst werden. Ebenso kann der Wareneingang im Fulfillment Center fehlerhaft verbucht werden, etwa durch Zählfehler oder eine verspätete Erfassung. Transportschäden oder fehlende Scans entlang der Lieferstrecke führen ebenfalls dazu, dass Ware nicht als empfangen gilt. Auch unvollständige oder fehlerhafte Rechnungsdaten können Shortage Claims auslösen.
Auswirkungen auf Vendoren
Shortage Claims beeinflussen direkt die Zahlungsflüsse. Amazon zieht den beanstandeten Betrag von der offenen Rechnung ab, was zu Liquiditätsengpässen führen kann. Zudem erschwert die nachträgliche Bearbeitung den Finanzabgleich und verursacht zusätzlichen administrativen Aufwand.
Wenn Shortage Claims regelmäßig auftreten, können sie auf strukturelle Prozessprobleme hinweisen – etwa ungenaue Stammdaten, unklare Zuständigkeiten oder unzureichende Versandkontrollen. Langfristig führen solche Schwachstellen nicht nur zu finanziellen Verlusten, sondern auch zu potenziellen Chargebacks oder Reputationsrisiken gegenüber Amazon.
Dispute- und Re-Dispute-Prozesse im Vendor Central
Vendoren können Shortage Claims im Vendor Central bestreiten, wenn sie der Ansicht sind, dass die Ware korrekt geliefert wurde. Grundlage eines erfolgreichen Disputes sind eindeutige Nachweise. Dazu gehören Packlisten, Versanddokumente, Empfangsbestätigungen, Fotos der versendeten Ware sowie Lieferscheine oder Frachtbriefe.
Der Dispute wird in Vendor Central im Tab Deductions and Credits eingereicht. Dort wählt der Vendor den betroffenen Shortage Claim aus, formuliert eine Begründung und lädt Dokumente hoch. Nach Einreichung prüft Amazon den Fall und informiert über das Ergebnis. Eine strukturierte Dokumentation und konsistente Dateibenennung beschleunigen die Bearbeitung und erhöhen die Erfolgschancen.
Wird der Dispute abgelehnt oder nur teilweise genehmigt, kann nach einer Wartezeit von bis zu 40 Tagen ein Re-Dispute eingereicht werden. Dabei dürfen maximal zehn Fälle pro Re-Dispute zusammengefasst werden.
Präventive Maßnahmen: So vermeiden Sie Shortage Claims
Da sich Amazons Check-in-Prozesse im Fulfillment Center nicht überprüfen lassen, liegt der Fokus auf interner Prozesssicherheit. Folgende Maßnahmen helfen, Shortage Claims deutlich zu reduzieren:
Korrekte Produktkennzeichnung
Überprüfen Sie die Einträge im Vendor Central-Katalog und stellen Sie sicher, dass UPC und GTIN korrekt hinterlegt sind. Nur ein eindeutiger, scannbarer Barcode darf auf jeder verkaufbaren Einheit vorhanden sein. Wird derselbe Barcode auch auf Innen- oder Umverpackungen verwendet, muss er abgedeckt oder entfernt werden. Jede Verpackungsebene – Einzelprodukt, Inner Pack, Master Pack – benötigt einen eindeutigen, nicht mehrfach verwendeten Barcode, wenn sie separat verkauft oder gelagert wird.
GTIN Gold Listing
Das GTIN Gold Listing stellt sicher, dass Amazon-Mitarbeiter im Wareneingang ein Produkt anhand des GTIN scannen können, selbst wenn das Kartonlabel fehlt oder unleserlich ist. Diese Maßnahme reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Ware fälschlich als „nicht empfangen“ verbucht wird.
Saubere Etikettierung
Alle Kartons müssen mit einem Amazon Carton Label oder einem SSCC-Label versehen sein. Diese Labels sollten auf einer glatten, sauberen Fläche angebracht werden – weder über Kartonkanten noch über Falten. Sie müssen gut lesbar und nicht verblasst sein. Fehlerhafte oder fehlende Labels sind eine der häufigsten Ursachen für Shortage Claims.
Pallet Ordering Vendor Code
Beantragen Sie den Pallet Ordering Vendor Code, damit Amazon Bestellungen möglichst in ganzen Paletteneinheiten aufgibt. Das reduziert die Anzahl benötigter Kartonlabels und senkt das Risiko fehlerhafter Etikettierung.
Advance Shipping Notice (ASN)
Erstellen Sie die ASN immer vor Ankunft der Sendung im Fulfillment Center. Sollte sich die tatsächlich gelieferte Menge von der PO unterscheiden, muss die ASN diese Änderung korrekt widerspiegeln.
Standardisierte Verpackung
Vermeiden Sie gemischte Paletten oder Kartons (Mixed SKUs). Jede Verpackungseinheit sollte nur einen Artikeltyp enthalten. Standardisierte Verpackungen erleichtern die Erfassung im Fulfillment Center erheblich.
Fazit
Shortage Claims gehören zu den häufigsten finanziellen Streitpunkten im Amazon-Vendor-Geschäft. Sie entstehen meist durch Unstimmigkeiten in der Lieferkette – von fehlerhaften Barcodes über unvollständige Versanddokumente bis hin zu Abweichungen im Wareneingang bei Amazon. Wer diese Risiken kennt und systematisch gegensteuert, kann unnötige Abzüge vermeiden.
Entscheidend ist ein durchgängiges, dokumentiertes Prozessmanagement: korrekte Produktdaten, saubere Etikettierung, zeitgerechte ASNs und vollständige Nachweise. Ein klar definierter interner Workflow zwischen Logistik, Buchhaltung und Vendor-Management sorgt dafür, dass Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden. So lassen sich Shortage Claims nicht nur reduzieren, sondern auch effizienter bearbeiten, falls sie dennoch auftreten.
FAQ
Wie erkenne ich einen Shortage Claim in Vendor Central?
Shortage Claims erscheinen im Tab Deductions and Credits. Dort sind sie als negativer Wert (Debit) mit dem Zusatz SC hinter der Rechnungsnummer aufgeführt.
Wann erstellt Amazon einen Shortage Claim?
In der Regel etwa fünf Tage vor dem Rechnungsfälligkeitsdatum, wenn weniger Einheiten verbucht wurden, als laut Rechnung geliefert.
Wie lange prüft Amazon einen Shortage Claim?
Amazon überprüft die Claims innerhalb von 35 Tagen. Wird ein Buchungsfehler festgestellt, erfolgt eine automatische Rücknahme (Reversal).
Welche Unterlagen sollte ich für den Dispute bereithalten?
Packlisten, Frachtbriefe, Empfangsbestätigungen, Fotos der Lieferung und Lieferscheine – idealerweise mit konsistenter Benennung und Bezug zur betroffenen Rechnung.
Wann ist der beste Zeitpunkt für einen Dispute?
Etwa 30 Tage nach Erhalt der Shortage-Claim-Benachrichtigung, um verspätete Nachbuchungen abzuwarten und Doppelarbeit zu vermeiden.
Kann ich nach einer Ablehnung erneut widersprechen?
Ja. Nach einer Wartezeit von bis zu 40 Tagen kann ein Re-Dispute eingereicht werden. Dabei dürfen maximal zehn Fälle zusammengefasst werden.
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